25. Januar 2011

Abschlussarbeit zu zweit?

"Besteht die Möglichkeit, eine Abschlussarbeit zu zweit zu schreiben – und wäre dies sinnvoll?", fragt mich ein Student.

Wie es geregelt wird

Der erste Teil der Frage ist noch relativ leicht - und positiv - zu beantworten. In den Prüfungsordnungen gibt es dazu fast immer eine klare Regelung. Beispielsweise heißt es in den Musterprüfungsordnungen der BA- und MA-Studiengänge an der TH Wildau: Die "Thesis kann auch in Form einer Gruppenarbeit erbracht werden, wenn der als Prüfungsleistung zu bewertende Beitrag des einzelnen Kandidaten aufgrund der Angabe von Abschnitten, Seitenzahlen oder anderen objektiven Kriterien, die eine eindeutigeAbgrenzung ermöglichen, deutlich unterscheidbar und bewertbar ist ". Außerdem: "Eine Gruppenarbeit ist auf maximal zwei Kandidaten beschränkt." Diese Regelung ist an den meisten Hochschulen ähnlich formuliert.

In jedem Fall müssen Sie also so planen, dass am Ende abgrenzbare Teile herauskommen, über denen jeweils nur ein Name steht. Und mehr als ein Duett wird daraus ohnehin nicht (anders als z.B. oft bei Seminarhausarbeiten).

Das mit der Abgrenzung klingt leichter, als es ist. Bei Teamarbeit geht es ja nicht nur um Arbeitsteilung, sondern um Zusammenarbeit. Während sich auf viele Seiten nur einer von zwei Namen schreiben lässt, sind die Grundlagen, die Recherche- und Konzepttätigkeiten bei einer Thesis oftmals wirklich Teamsache. Oder einer von zweien hat hier überproportional viel geleistet, ohne dass das im Text sichtbar wird.

Dass gemeinsam eingereichte Arbeiten auch ein gemeinsames Projekt sind, wissen Profs natürlich auch. Und wenn es nicht haarsträubende Unterschiede zwischen den Teilen einer Abschlussarbeit gibt, werden sich die Gutachter bemühen, möglichst ähnlich zu benoten.

Ob es sinnvoll ist

Die Frage nach dem Sinn hat viele Aspekte. Die positiven Seiten:
  • Sie können ein komplexeres und umfangreicheres Thema bearbeiten, wenn Sie arbeitsteilig vorgehen. Was einer allein nicht schaffen kann, können zwei durchaus stemmen.
  • Zwei Köpfe wissen mehr als einer und produzieren mehr Ideen. Es ist immer ein Sparringpartner da, um Ideen abzuklopfen, Konzepte zu entwickeln, Probleme zu diskutieren. Das kann die eigene Produktivität und Kreativität erhöhen. In der Schreibphase hat man immer einen Lektor, der Texte kritisch und sachkompetent gegenliest.
  • Teamarbeit verhindert Isolation in der Abschlussphase (damit haben viele Studenten zu kämpfen). Man motiviert, diszipliniert und stützt sich gegenseitig.
Allerdings gibt es auch Risiken:
  • In einer entscheidenden Phase des Studiums ist Ihr Erfolg an den Erfolg des Partners gekoppelt. Erfüllt Ihr Partner Ihre Erwartungen und das in ihn gesetzte Vertrauen nicht, haben Sie zusätzliche Probleme am Hals. Es kann zu Enttäuschungen, zu Streit und Zerwürfnissen kommen. Sie stehen beide unter Druck. Das kann eine freundschaftliche Beziehung auch unter Stress setzen. Wer damit nicht so gut umgehen kann, wird sich möglicherweise schnell fragen, ob die Zusammenarbeit der größte Fehler des Lebens war. Statt sich gegenseitig zu helfen, blockieren Sie sich gegenseitig. Möglicherweise haben Sie sehr unterschiedliche Vorstellungen von Konzept, Inhalt und Ziel der Arbeit. Arbeitweisen und Arbeitstempo können unterschiedlich sein. Oder der eine ist ambitionierter als der andere. Die eine geht im Thema auf, die andere findet es mühsam und sperrig. Möglicherweise ist die Arbeitsteilung nicht gut gelungen. Die eine schreibt viel, der andere wenig usw. Schließlich kann es noch externe Umstände geben: ein Unfall, ein Familien- oder Beziehungsdrama oder anderes, was den Partner aus der Bahn wirft – unverschuldet zwar, aber eben auch für Sie eine Belastung.

  • Inhaltlich kann die Arbeitsteilung dazu führen, dass die Thesis nicht "aus einem Guss" ist. Der rote Faden geht verloren, die Argumentation wird unklar, die Arbeit zerfällt in mehrere Teile, die zu wenig aufeinander abgestimmt sind. Hier ist ein erheblicher Mehraufwand für die Textredaktion einzuplanen – das sind Studenten oft nicht gewohnt.
Das will sorgsam bedacht sein. Mit dem besten Kumpel oder der Herzblatt-Freundin ein gemeinsames Projekt zu bearbeiten, kann viel Freude machen und ein herausragendes Ergebnis produzieren. Oder eben persönlich wie inhaltlich zu Problemen führen, die man allein nicht hätte. Manchmal täuscht man sich eben im Partner – aber das ist auch im Arbeitsleben so.

Vertrauen ist gut, offene Kommunikation und etwas Kontrolle, sprich Verbindlichkeit in allen Absprachen und regelmäßige Überprüfung, sind besser.

Das wissen die meisten Studenten auch. Während des Studiums sind Lerngruppen und Teamprojekte oft beliebt. Kooperatives Lernen ist wertvoll. Beim letzten großen Projekt gehen die meisten aber lieber den eigenen Weg allein.

Im Zweifel wäre mein Rat: Wenn Sie mit jemandem zusammenarbeiten wollen, stimmen Sie sich über das Thema eng ab und planen die Kooperation (und, ganz wichtig, informieren Sie Ihre Betreuer über die Zusammenarbeit), aber melden Sie getrennt Ihre Themen an. So ist jeder klar für sich selbst verantwortlich. Das ist eine eindeutige "Geschäftsgrundlage". Auf der Basis lässt sich die Zusammenarbeit besser steuern.

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